POPCAMP - NEWS

Was macht ... Alin Coen?
- 2008 war sie als Teilnehmerin im PopCamp dabei. Wie hat sich ihre Karriere danach entwickelt? Und was macht sie heute? Pünktlich zum Release ihres neuen Albums ...

steht uns Alin Coen Rede und Antwort!

 

Du warst 2008 mit deiner Band Teilnehmerin beim PopCamp. Gibt es einen Moment aus der PopCamp Zeit, der dir langfristig in Erinnerung geblieben ist?

 

Wir haben ein riesengroßes Zimmer zum Proben zugeteilt bekommen, in dem ein Schrank voll mit Schlagwerkinstrumenten war. Klangstäbe, Gongs und so weiter. Wir haben alles aufgebaut und uns die nächsten Tage an vielen Instrumenten musikalisch ausgetobt. Es hat sich geradezu magisch angefühlt, dort Musik zu machen. Eine andere wichtige Erfahrung war eine Feedbackrunde, die wir mit einer Mediatorin gemacht haben. Alle aus der Band mussten verschiedene Aspekte der Band bewerten, z.B. wie viel Spaß man beim Musikmachen hat, oder wie gut die Kommunikation in der Band funktioniert und wir mussten die eigene Rolle innerhalb der Band beschreiben. Ich dachte bis dahin immer, dass die anderen Mitglieder unsere Band als nicht so relevantes Nebenprojekt betrachten, aber durch diese Feedbackrunde wurde mir klar: Wir haben gemeinsame Ziele mit der Band.

 

Hast du langfristig etwas aus der Teilnahme am PopCamp mitnehmen können, und sogar noch Kontakt zu jemandem, den du dort kennengelernt hast?

 

Die Teilnahme am PopCamp hat die Band zusammengeschweißt und uns einen Selbstbewusstseins-Wachstumsschub gegeben. Bis heute spiele ich noch mit dem gleichen Schlagzeuger und Bassisten, wie damals. Ich glaube, wir waren für einige der musikalischen Dozent*innen eine harte Nuss. Wir haben eigentlich nur Vorschläge von Frank Möbus angenommen. Frank war neben seiner Tätigkeit als Dozent beim PopCamp auch Professor für Jazzgitarre an der Uni, wo unser Schlagzeuger und unser Bassist Jazz studierten. Sich als Band gemeinsam gegen manche Vorschläge von außen abzuschotten, hat uns aber vor Augen geführt, wie sehr wir als Band auf einer Wellenlänge sind.

Damals haben Frank und Kosho (Gitarrist der Söhne Mannheims) angeboten, mit uns das Debüt-Album aufzunehmen. Wir sind zusammen in ein Studio in Leipzig gegangen und haben tatsächlich begonnen einige Aufnahmen für „Wer bist du?“ einzuspielen. Wir haben es nicht zusammen fertig gemacht, aber die zwei haben uns auf den Weg gebracht.

Es haben sich über die Zusammenarbeit mit Kosho durch Zufall noch weitere Verknüpfungen ergeben, die meine künstlerische Laufbahn ohne Frage geprägt haben. Ich habe über einen Kollegen von Kosho meinen ehemaligen Manager kennengelernt über den ich zu Vertrieb und Bookingagentur kam. Mit beiden arbeiten wir seit 10 Jahren sehr glücklich zusammen.

Ich bin auch bis heute im Kontakt mit Michael Teilkemeier der die Projektleitung des PopCamps macht. Ich hatte immer den Eindruck, dass das PopCamp uns auch nach den zwei Arbeitsphasen noch unterstützt hat, wo es konnte.

 

Seitdem ist viel passiert: Du hast mehrere Alben herausgebracht und jetzt am 28.08. kommt das nächste Album „Nah“ heraus. Was wird uns auf dem Album musikalisch erwarten?

 

Es wird mein erstes komplett deutschsprachiges Album. Ich habe 2016 begonnen auch auf dem Klavier zu komponieren. Ich begleite mich bei einigen Stücken zwar noch mit Gitarre, aber bei vielen anderen auch auf einem schönen Flügel. Wir waren 5 Musiker*innen im Studio und haben in verschiedenen Besetzungen aufgenommen, von der solo eingespielten Klavierballade bis hin zum fünfköpfig eingespieltem Grunge-Imitat haben wir alles ausprobiert.

Der Produzenten Tobias Fröberg aus Schweden, der auch mit Künstlerinnen wie Ane Brun oder Mari Boine wunderbare Platten gemacht hat, hat mit uns dieses Album gemacht. Sein Credo ist, dass Musik im Moment entsteht. Wir haben das Album also live eingespielt. Bei einigen Stücken habe ich hinterher noch Chor-Stimmen aufgenommen und für andere Stücke Streicher hinzugefügt.

Ich dachte anfangs, dass ich es „Leichtigkeit“ nennen würde, aber dann war das Album fertig und es klang so geerdet, dass der Name gar nicht mehr passte. Der Name „Nah“ passt viel besser zu dem Gefühl, was musikalisch transportiert wird.

 

Eine Tour, die auf 2021 verschoben werden musste, ist auch geplant. Gibt es schon weitere Zukunftspläne?

 

Zukunftspläne schmiede ich selten – und wenn, dann eher kurzfristig. Aber tatsächlich habe ich vor, mit der STÜBAphilharmonie 2021 oder 2022 ein Orchesteralbum zu machen. Wir waren 2019 mit einem 60-köpfigen Orchester auf Tour und die Resonanz war wahnsinnig gut, also wollen wir das gerne in naher Zukunft als Album aufnehmen.

 

Dieses Jahr warst du Mitglied in der PopCamp Jury. Hierbei kam besonders eine Leidenschaft von dir zum Vorschein: Der Support von weiblichen Künstlerinnen in der Musikbranche. Was würdest du jungen Frauen, die eine professionelle Musikkarriere anstreben, gerne mit auf den Weg geben?

 

Ich würde gerne allen Männern* und Frauen* mit auf den Weg geben, dass sie darauf achten sollen, Frauen* miteinzubeziehen und wenn Teams gebildet werden, auf eine Ausgewogenheit der Geschlechter zu achten. Das Problem, dass Frauen* in der Musikbranche finanziell benachteiligt werden und auch in ihren Aufstiegschancen, ist eins, was alle Leute, die in der Musikbranche tätig sind, beseitigen müssen. Da können junge Musikerinnen* alleine nicht gegen an.

An junge Musikerinnen* möchte ich weitergeben, dass sie sich unbedingt gegenseitig unterstützen, gemeinsam Netzwerke aufbauen und sich auch dem Netzwerk Music Women Germany anschließen sollten (www.musicwomengermany.de).

Die systematische Benachteiligung, der Frauen* in der Musikbranche ausgesetzt sind, habe ich erst mit der Zeit wahrgenommen und begriffen:

Festivals in Deutschland haben einen viel höheren Männeranteil bei den auftretenden Bands und im Mainstream Radio werden, wenn es hoch kommt, zwei Frauenstimmen hintereinander gespielt.

Alle oberen Chefposten der größeren Labels sind männlich besetzt, bei den meisten Majorlabels gibt es überhaupt keine weiblichen* A&Rs - also diejenigen, die auswählen, welche Künstler*innen gesignt werden und mit wem diese dann zusammenarbeiten. Wären in diesen Positionen mehr Frauen*, hätten vermutlich mehr Künstlerinnen* eine Chance auf Plattenverträge.

Im Aufsichtsrat der GEMA, sitzen 14 Männer – und eine einzige Frau. Und der Komponistenverband ist noch nicht mal so weit, die Komponistinnen* im Namen zu erwähnen.

Der Gender Pay Gap (Verdienstabstand) in der Kulturbranche ist laut einer Studie des Kulturrats gerade am steigen und liegt eh schon bei ca. 20 bis 30% je nach Berufsgruppe. Ich habe es auch selber mal in einer Band erlebt, dass die Musikerinnen auf der Bühne weniger Gage bekommen haben als die männlichen Kollegen. Das ist nicht fair und sowas muss angesprochen werden. Aber das kostet Mut. Ich hatte den Mut damals nicht.

Wir müssen solche Dinge aufdecken. Immer, wenn wir diese Dinge mitbekommen. Seid mutig!

 

Vielen Dank für das Beantworten der Fragen! Wir wünschen dir alles Gute und Happy Release! :)